Bankenbranche: Die Zukunft heißt Omnikanal
„Wer steht gerne auf einem Bein“, lautet die Textzeile eines bekannten deutschen Schlagers – treffender lässt sich das Resultat einer aktuellen Studie der internationalen Managementberatung Bain & Company wohl kaum umschreiben. Denn demnach ist eine der vordersten Aufgaben von Banken, in den kommenden Jahren möglichst viele Beine der Kundenkommunikation zu entwickeln. Sowohl offline als auch online: Online-Banking, Chats, mobile Applikationen und die persönliche Beratung in der Filiale – laut Studie sind Bank-Kunden, die kanalübergreifende Kommunikationswege mit ihrer Bank nutzen, zufriedener und – vor allem – loyaler. Insbesondere das Thema Mobile Banking wird für Bankkunden international immer relevanter.
Die Wogen der Finanzkrise glätten sich allmählich: Laut der Studie „Loyalität im Privatkundengeschäft: Erfolgsmodell Omnikanal“ erholen sich die Vertrauenswerte der Bankenkunden im Jahr 2015 wieder. Die Kundenzufriedenheit im Bereich der Großbanken stieg innerhalb eines Jahres um rund 14 Prozent an, bei den Direktbanken um 6 Prozentpunkte. In Deutschland weisen die Direktbanken sogar die höchsten Loyalitätswerte im Vergleich zu anderen internationalen Banken auf.
Omnikanal baut Kundenbindung auf
Was bei den Studienergebnissen besonders hervorsticht: Die Kundenloyalität von Bankkunden steigt, wenn sie verschiedene Kommunikationskanäle mit ihrer Bank – offline und online – nutzen. Diese loyalen Kunden sind essenziell für Kreditinstitute, denn die sogenannten Promotoren bleiben einer Bank länger treu, empfehlen sie häufig weiter und erwerben mehr Produkte.
Klassische Kommunikationswege sterben demnach nicht aus, Kunden genießen heute die vielfältigen Möglichkeiten, sie wollen die Art der Interaktion je nach Situation wählen können. „Mal ist man im Stress und will nur mal eben schnell online eine Lösung finden, mal sucht man ein intensives, vertrauliches Beratungsgespräch. Menschen sind verschieden und befinden sich auch regelmäßig immer wieder in neuen Lebenssituationen. Deswegen müssen sich Banken so breit wie möglich aufstellen“, erklärt Natalie Gude Losada, Geschäftsführerin von PRO-DIRECT-FINANCE. Ihr Unternehmen bietet webbasierte Softwarelösungen für Kreditinstitute der Immobilienfinanzierung an. „Dass die Digitalisierung der Finanzbranche als alleinige Form die klassische Kommunikation mit dem Mitarbeiter in einer Filiale ersetzt, ist ein Trugschluss. Es kommt vielmehr darauf an, zeitintensive und notwendige Prozesse zu automatisieren und damit mehr Raum für Kommunikation und Zwischenmenschlichkeit zu schaffen.“
Die Relevanz von Mobile Banking steigt
Die Netzgeneration ist in der Finanzbranche angekommen: Mit Blick auf die Bankkunden, die nach 1980 geboren wurde und die Smartphones und Tablets gegenüber besonders aufgeschlossen sind, wird die Relevanz des Ausbaus von Mobile Banking und mobilen Apps noch viel deutlicher. Laut Bain-Studie nutzen bereits mehr als ein Drittel der bis 24-jährigen eine Banking-App, im letzten Jahr stieg die Nutzung von Banken-Apps in allen Altersklassen sogar um 19 Prozent. In den anderen, an der Umfrage beteiligten Nationen, ist mobiles Banking bereits der meistgenutzte Zugangsweg für Interaktionen zwischen Bank und Bankkunde. In Deutschland hingegen werden Banken-Apps eher zur Informationsbeschaffung genutzt, aktives Banking betreiben die Deutschen bevorzugt Online oder in der Filiale. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang sei, strategisch umzudenken und neue Kommunikationskanäle nicht nur an der Oberfläche zu nutzen, erklärt Gude Losada: „Banken müssen digitale Lösungen ernst nehmen und in den Kern der Geschäftsstrategie und Prozesse einbeziehen.“
Großer Nachholbedarf für Finanzinstitute
In der Studie wurden anhand der Ergebnisse zentrale Handlungsfelder ausgearbeitet, die die Kundenloyalität von Direkt- und Großbanken steigert. Allen voran steht die Schaffung von einzigartigen, digitalen Kundenerlebnissen. „Stichwort Differenzierung. Banken müssen weg von einer standardisierten Massenabfertigung der Kunden hin zu einer individuellen Kundenberatung, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Das kann beispielsweise auch über digitale Zugangswege, wie Informationsportale, Chats, Social Media und Co erfolgen“, so Gude Losada. Um den Kundenkontakt weiter auszubauen, sind Hintergrundsysteme notwendig, die den Mitarbeiter entlasten, den Informationsaustausch gewährleisten, den Markt und die Bearbeitung vernetzen und damit den gesamten Workflow unterstützen, so die IT-Finanz-Expertin.
Hintergrund der Studie
Das international tätige Beratungs-Unternehmen Bain & Company veröffentlichte jetzt die neusten Zahlen der Kundenzufriedenheit von Bankkunden im Privatgeschäft. Bei der aktuellen Studie wurden weltweit 83.000 Kunden in 22 Ländern befragt, davon mehr als 7.000 allein in Deutschland. Dabei wurde das Thema Kundenzufriedenheit im Zusammenhang mit Produktnutzung, Zugangswege, Privat- und Direktbanken, Genossenschaften und Sparkassen analysiert.
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